Brandschutz

Alternatives Sanierungskonzept spart ein Drittel der Kosten

10.01.2019 - Bei Brandschutzsanierungen in Tanklagern werden oft sehr umfangreiche Maßnahmen vorgeschlagen. Dabei gibt es auch Alternativen, wie zum Beispiel vollautomatische Infrarot-Messsyste...

Bei Brandschutzsanierungen in Tanklagern werden oft sehr umfangreiche Maßnahmen vorgeschlagen. Dabei gibt es auch Alternativen, wie zum Beispiel vollautomatische Infrarot-Messsysteme zur Brandfrüherkennung, die in Verbindung mit weiteren Maßnahmen genauso sicher sind und gleichzeitig Kosten einsparen.

Im Bundesgebiet befinden sich zahlreiche Tanklager, in denen leicht brennbare Flüssigkeiten zwischengelagert werden, zum Beispiel Heizöle, Diesel- und Ottokraftstoffe, Kerosine oder Flüssiggase. Aus diesem Grund sind Tanklager als Sonderbauten einzustufen und unterliegen einem besonderen vorbeugenden Brandschutz. Schutzmaßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen liegen nicht nur in der Eigenverantwortung des Betreibers eines Tanklagers; sie sind auch von öffentlichem Interesse. Denn kommt es zu einer Explosion wie im Dezember 2005 im Öllager von Buncefield nahe London, werden sie zu einem gefährlichen Schauplatz. Damals brannten 20 Öltanks aus und setzten eine giftige Wolke über den Südosten Englands frei. Aber nicht nur die Brennbarkeit der Stoffe, sondern auch die Eigenschaft von einigen, mit Luft ein explosives Gemisch zu bilden, machen ein hohes Gefahrenpotenzial aus.

Alternative Lösungen sind zulässig
Beim vorbeugenden Brandschutz in Tanklagern sind Schutzziele zu befolgen. Die Bayerische Bauordnung (BayBO [1]) zum Beispiel enthält unter anderem materielle Anforderungen („Generalklausel des Brandschutzes“, Artikel 12). Ihr zufolge sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass weder ein Brand entstehen kann, noch Feuer und Rauch sich ausbreiten können. Außerdem muss gewährleistet sein, dass bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren möglich ist und Löscharbeiten wirksam durchgeführt werden können. Jedoch kann von den technischen Baubestimmungen abgewichen werden, wenn eine alternative Lösung die allgemeinen Anforderungen des Absatzes 1 gleichermaßen erfüllt (Artikel 3, Absatz 1).

Sinnvolle Maßnahmen identifizieren
Nicht alles, was beim Brandschutz technisch machbar wäre, ist auch sinnvoll. Um Haftungsrisiken auszuschließen, werden oftmals viel zu umfangreiche Maßnahmen empfohlen mit der Folge, dass es letztlich die Kosten sind, die „explodieren“. Die größte Herausforderung bei der Erstellung eines Brandschutzsanierungskonzepts ist es daher, Ingenieurleistungen zu identifizieren, die notwendig und sinnvoll sind, und sie gemäß der länderspezifischen Bauordnung optimiert umzusetzen. Denn Brandschutz erfordert ein hohes Maß an technischem Wissen und juristischem Know-how. Das Ziel sollte ein in der Praxis umsetzbares und wirtschaftlich vertretbares Brandschutzkonzept sein, dem die Behörden und die ortsansässige Berufsfeuerwehr bedenkenlos zustimmen.

Tanklager mit erheblichem Sanierungsbedarf
Das Beispiel aus Bayern zeigt, wie umfangreiche, aber nicht unbedingt notwendige Maßnahmen die Kosten in die Höhe treiben können. Während Feuerbeschauen und Störfallbegehungen stellten Prüfgutachter auf dem Werksgelände eines Tanklagers, das an einem Hafenbecken steht, erhebliche Mängel an der Feuerlöscheinrichtung fest. Betroffen waren 24 Tanks mit einem Fassungsvolumen zwischen 600 und 2.000 Kubikmetern. Sie dienen als Zwischenlager für leicht entzündbare Flüssigkeiten mit einem Flammpunkt (FP) von < 21 Grad Celsius nach Gefahrstoffrecht. Für die Sanierung wurde ein Ingenieurbüro angefragt, das schließlich einen langen Katalog mit umfangreichen Erneuerungsmaßnahmen vorlegte. Die Kosten für die geplanten Maßnahmen beliefen sich auf 1,7 Millionen Euro. Das Ingenieurbüro sah eine komplette Erneuerung der Feuerlöschanlage vor. Empfohlen wurde die Errichtung von drei Löschmittelzentralen in Containerform für die fernbediente Berieselung und Beschäumung der Tanks. Dies wiederum hätte Elektro-, Bedien- und Steuerungsanlagen erforderlich gemacht sowie neue Rohrleitungstrassen, die von den Feuerlöschzentralen zu den Löscheinrichtungen in den Tankfeldern führen würden. Allein die Kosten für die Löschmittelzentralen hätten rund 1,2 Millionen Euro betragen.

Der Betreiber des Tanklagers bat daraufhin die unabhängigen Sachverständigen von TÜV Süd um eine Validierung des Konzepts. Diese stellten daraufhin fest, dass es bereits eine brandschutztechnische Infrastruktur gab, nämlich eine nicht selbsttätige Schaumlöschanlage mit einem Schaummittelvorrat von insgesamt 10.500 Litern in zwei Behältern, zwei Tauchpumpen im Hafenbecken mit einer Förderleistung von jeweils 180 Kubikmetern pro Stunde für die Mantel- und Dachberieselung der Tanks sowie für die Löschwasserversorgung, eine manuelle Auslösung der Absperrventile und eine eigene Transformatorenstation, die vom regionalen Energieversorger eingespeist wurde. Um die Bereitstellung des Notstroms kümmerte sich die ortsansässige Berufsfeuerwehr. TÜV Süd kam daher zu dem Schluss, dass eine vollständige Erneuerung der Feuerlöschanlage unnötig sei. Am Ende sparten sie somit rund ein Drittel der Sanierungskosten ein.

Sanierungskonzept von TÜV Süd
Zunächst erstellten sie eine Prioritätenliste, welche die wesentlichsten Maßnahmen enthielt, immer mit Blick auf die von der BayBO vorgegebenen Schutzziele. Daraus ergaben sich drei Maßnahmenpakete, die für die Erreichung der Schutzziele notwendig waren:

Maßnahmenpaket 1:
Aufbau und Inbetriebnahme einer Brandfrüherkennung mittels eines vollautomatischen Infrarot-Messsystems von Dias Infrared. Das vorgeschlagene System besteht aus sieben Wärmebildkameras, die auf Schwenk-Neige-Köpfen aufmontiert sind. Um sie vor Umwelteinflüssen zu schützen, sind sie von einem Wetterschutzgehäuse mit Lüftung und Heizung umgeben. Aufgrund ihrer Beweglichkeit teilen sie die zu überwachenden Flächen in Sektoren ein und fahren sie nacheinander zyklisch an. In ihrem Fokus sind vor allem die Sicherheitseinrichtungen der Tanks, die Motoren und Pumpen sowie die Betankungsstationen auf dem Werksgelände. Die Kameras detektieren Temperaturveränderungen an den Oberflächen der Tanks. Wird ein bestimmter Temperaturwert überschritten, werden sowohl die Messwarte des Tanklagers als auch die örtliche Berufsfeuerwehr umgehend informiert. Zu den Maßnahmen gehören ebenfalls die Fernauslösung der Löschmittelzufuhr von der Messwarte aus und die Automatisierung der sicherheitstechnischen Einrichtungen.

Maßnahmenpaket 2:
Instandsetzung des vorhandenen Rohrleitungssystems der Schaumlösch- und Berieselungsanlage. Hier schlug TÜV Süd vor, undichte und korrodierte Leitungsabschnitte gegen neue Leitungen auszutauschen. Dabei sollten drei fest installierte Schaumlöschanlagen als Schaummonitore eingebunden werden. Darüber hinaus ist ein weiterer, mobiler Schaummonitor vorzuhalten.

Maßnahmenpaket 3:
Sicherstellung der Stromversorgung für die Brandfrüherkennung und Brandbekämpfung. Weil die maximale Dauer eines Stromausfalls mindestens 30 Minuten betragen kann, wurde eine eigenständige Notstromversorgung vorgeschlagen; diese könnte notfalls zwei Stunden überbrücken. Erreicht wird dies durch Batteriepufferung und ein dieselbetriebenes Notstromaggregat.

Vorhandene Schwächen kompensiert
Die Ingenieure von TÜV Süd stimmten das Sanierungskonzept mit dem Betreiber des Tanklagers, der zuständigen städtischen Behörde und der Berufsfeuerwehr ab. Ihre drei Maßnahmenpakete konnten die vorhandenen Schwächen des Tanklagers in Gänze kompensieren. Der Betreiber ist nun in der Lage, Szenarien der Brandentstehung gemeinsam mit der Feuerwehr frühzeitig und effektiv zu begegnen – auch bei erschwerten Bedingungen, wie beispielsweise einem Stromausfall oder einer blockierten Zufahrt zum Werksgelände. Die einzuhaltenden Schutzziele und das geforderte Sicherheitsniveau wurden ebenfalls erreicht.

 

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